Eierstockkrebs

"Aber ich finde, ich bin genug stark - ich finde, ich bin stark genug.
Anja Hunsinger, Diagnose 2022

Eierstockkrebs, auch Ovarialkarzinom genannt, ist die zweithäufigste Krebserkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane und gehört leider zu den aggressiven Tumoren. In Deutschland erkranken jährlich etwa 8.000  Frauen neu an einem Ovarialkarzinom. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 68 Jahren. Etwa eine von 75 Frauen ist im Laufe ihres Lebens von Eierstockkrebs betroffen.

Bei Eierstockkrebs verändern sich die Zellen eines oder beider Eierstöcke, den weiblichen Fortpflanzungsorganen, die für die Produktion von Eizellen und Hormonen verantwortlich sind, bösartig und wachsen unkontrolliert. Dabei können verschiedene Zelltypen betroffen sein, am häufigsten handelt es sich jedoch um Tumoren, die aus den obersten Zellschichten entstehen, sogenannte epitheliale Tumoren.

Eine Herausforderung bei dieser Krebsart ist, dass sie oft lange Zeit keine Beschwerden verursacht und somit keine Hinweise auf eine bestehende Erkrankung liefert. Aufgrund ihrer anatomischen Lage haben Eierstocktumoren viel Raum, um unbemerkt zu wachsen, bevor sie Symptome verursachen. Daher gilt auch hier: Je früher erkannt, desto besser die Heilungschancen.

Die genaue Ursache von Eierstockkrebs ist oft unklar, aber bestimmte Risikofaktoren wie höheres Lebensalter, familiäre Krebsvorgeschichte, späte Schwangerschaften und Hormontherapien können das Risiko erhöhen.

Einige bekannte Risikofaktoren sind:

  • Familiäre Vorgeschichte: Frauen, deren enge Verwandte (Mutter, Schwester oder Tochter) Eierstockkrebs hatten, haben ein höheres Risiko, selbst an dieser Krebsart zu erkranken. Auch familiäre Vorgeschichten von Brustkrebs können das Risiko erhöhen, da bestimmte Genmutationen sowohl das Risiko für Brustkrebs als auch für Eierstockkrebs erhöhen.
  • Genetische Mutationen: Bestimmte genetische Mutationen, insbesondere die BRCA1- und BRCA2-Mutationen, sind mit einem erhöhten Risiko für Eierstockkrebs verbunden. Frauen, die Träger dieser Mutationen sind, haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Eierstockkrebs.
  • Alter: Das Risiko für Eierstockkrebs steigt mit dem Alter. Frauen über 50 Jahre haben ein höheres Risiko.
  • Fruchtbarkeit: Frauen, die nie schwanger waren oder erst spät im Leben schwanger wurden, haben ein leicht erhöhtes Risiko für Eierstockkrebs.
  • Hormonersatztherapie (HRT): Die langfristige Anwendung von Hormonersatztherapie nach den Wechseljahren kann das Risiko für Eierstockkrebs leicht erhöhen.

 

Das Vorhandensein eines oder mehrerer dieser Risikofaktoren bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass eine Frau an einem Ovarialkarzinom erkrankt. Viele Frauen mit diesen Risikofaktoren entwickeln niemals Eierstockkrebs, während einige Frauen ohne erkennbare Risikofaktoren erkranken können.

Dennoch sollten Frauen, die sich über ihr persönliches Risiko für Eierstockkrebs Sorgen machen, dies mit ihrem Arzt besprechen. Früherkennung und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen können dazu beitragen, das Risiko zu minimieren und die Erkrankung in einem frühen Stadium zu erkennen.

Eierstockkrebs verursacht lange Zeit keine Beschwerden. Symptome treten meist erst in einem fortgeschrittenen Stadium auf und sind häufig sehr unspezifisch. Es gibt jedoch Anzeichen, auf die Frauen grundsätzlich achten sollten, und bei denen ein Besuch bei einem Gynäkologen oder einer Gynäkologin ratsam ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Symptome erst vor Kurzem aufgetreten sind, intensiver als normale Zyklusbeschwerden sind und wenn mehrere Symptome gleichzeitig auftreten. Symptome, die Beachtung finden sollten, sind:

  • Unklare Schmerzen oder Beschwerden im Bauch
  • Unspezifische Verdauungsbeschwerden, Völlegefühl und Blähungen
  • Zunahme des Bauchumfangs ohne Gewichtszunahme
  • Häufigeres Wasserlassen als bisher üblich
  • Blutungen außerhalb der Monatsregel oder nach den Wechseljahren
  • Anhaltende Müdigkeit und verminderte Leistungsfähigkeit

 

Natürlich können all diese Symptome auch harmlos sein und ganz andere Ursachen haben. In jedem Fall sollte jedoch eine Krebserkrankung ausgeschlossen werden, wenn die Symptome nicht innerhalb kurzer Zeit von allein verschwinden. Die frühzeitige Entdeckung des Krebses bietet insbesondere beim Ovarialkarzinom gute Behandlungsmöglichkeiten und Heilungsaussichten. Wenn der Verdacht auf ein Ovarialkarzinom besteht, erfolgt eine umfassende Diagnose, die oft aus einer Kombination von Bildgebung, Bluttests und Gewebeentnahmen besteht. Oft kann auch erst während einer Operation das genaue Stadium und die Ausbreitung des Tumors beurteilt werden.

Operation

Die Basis der Behandlung bei Eierstockkrebs ist fast immer eine Operation. Bei dem Eingriff handelt es sich in der Regel um eine große Operation im Bauchraum, die unter Vollnarkose durchgeführt wird. Das Besondere an dieser Operation ist, dass sie sowohl der Behandlung als auch der weiteren Diagnose dient und dabei hilft, das Tumorstadium, das sogenannte Staging, zu bestimmen. Oft können Ärzte und Ärztinnen erst während der Operation beurteilen, ob die Erkrankung örtlich begrenzt ist oder sich bereits weiter ausgebreitet hat.

Die Einteilung von Eierstockkrebs erfolgt je nach Ausbreitung des Tumors:

  • Ein örtlich begrenzter Tumor (Stadium I–II) wächst nur in einem Eierstock oder beiden Eierstöcken oder beschränkt sich nur auf die Geschlechtsorgane im Becken.
  • Ein fortgeschrittener Tumor (Stadium III–IV) hat sich auf andere Organe im Becken oder in der Bauchhöhle ausgebreitet oder ist in weiter entfernte Organe des Körpers metastasiert.

 

Das Ziel einer Operation ist in jedem Fall, den Tumor möglichst vollständig zu entfernen. Das entfernte Gewebe wird anschließend feingeweblich untersucht. Dabei wird auch analysiert, wie sehr sich die Krebszellen von normalem Gewebe unterscheiden. Das sogenannte Grading gibt an, wie stark die Krebszellen von normalem Gewebe abweichen: Je schlechter differenziert ein Tumor ist, desto stärker unterscheidet er sich vom Normalgewebe und desto bösartiger ist er.

Bei Patientinnen mit frühem Eierstockkrebs werden der vom Tumor befallene Eierstock und der dazugehörige Eileiter entfernt. Wenn der Eierstockkrebs fortgeschritten ist, ist die Operation umfangreicher, und es müssen unter Umständen auch befallene umliegende Organe oder Organteile wie beispielsweise Teile des Darms entfernt werden. Fortgeschrittener Eierstockkrebs bildet oft Fernmetastasen in Gehirn, Lunge, Leber, Milz, Lymphknoten und Knochen aus.

Chemotherapie

Zusätzlich erhalten Patientinnen, bei denen der Tumor fortgeschritten ist, in der Regel nach der Operation eine Chemotherapie. Diese soll das Wachstum des Krebses hemmen und Metastasen im Körper abtöten. Aber auch die meisten Patientinnen mit einem frühen Ovarialkarzinom erhalten eine Chemotherapie. Viele Frauen haben Angst vor den Nebenwirkungen der Chemotherapie, wie Haarausfall, Müdigkeit oder starke Übelkeit. Viele dieser Nebenwirkungen lassen sich heute jedoch gut behandeln und durch unterstützende Maßnahmen deutlich lindern.

Eine Bestrahlung kommt bei Eierstockkrebs nur verhältnismäßig selten zum Einsatz.

Die Behandlung von Eierstockkrebs hat in den letzten Jahren einige Fortschritte gemacht, und es wurden neue Ansätze in der Therapie erforscht.
Hier sind einige davon:

Immuntherapie ist ein vielversprechender Ansatz in der Krebsbehandlung, der auch bei Eierstockkrebs untersucht wird. Hierbei wird das Immunsystem des Patienten aktiviert, um die Krebszellen zu bekämpfen. Monoklonale Antikörper wie Pembrolizumab und Avelumab sind Beispiele für Immuntherapien, die bei bestimmten Formen von Eierstockkrebs in Betracht gezogen werden.

  • PARP-Inhibitoren sind Medikamente, die bei Frauen mit BRCA-Mutationen und Eierstockkrebs eingesetzt werden. Diese Medikamente, zu denen Olaparib, Rucaparib und Niraparib gehören, blockieren ein Reparaturprotein in den Krebszellen und können deren Wachstum hemmen.
  • Zielgerichtete Therapie richtet sich gegen bestimmte Moleküle oder Signalwege, die am Wachstum von Krebszellen beteiligt sind. Bevacizumab ist ein Beispiel für ein zielgerichtetes Medikament, das bei der Behandlung von Eierstockkrebs eingesetzt wird und die Blutzufuhr zu den Tumoren hemmt.
  • Fortschritte in der minimalinvasiven Chirurgie und Robotik haben die Möglichkeiten für chirurgische Eingriffe bei Eierstockkrebs erweitert. Dies kann zu kürzeren Erholungszeiten und weniger postoperativen Komplikationen führen.
  • Die Kombination verschiedener Therapieansätze wie Chemotherapie, zielgerichtete Therapien und Immuntherapie wird intensiv erforscht, um die Wirksamkeit der Behandlung zu steigern.
  • Es wird an der Entwicklung von Biomarkern und Bildgebungstechnologien gerarbeitet, aber eine „echte“ Früherkennung von Eierstockkrebs gibt es aktuell noch nicht. Dennoch sollten Frauen vor allem im fortgeschrittenem Alter weiterhin die vorgesehene jährliche Tastuntersuchung des inneren Genitals vornehmen lassen.

 

Die Behandlung von Eierstockkrebs hängt stark von individuellen Faktoren ab, einschließlich des Stadiums der Erkrankung, der Art des Tumors und der genetischen Merkmale der Patientin. Die Entscheidung über die geeignete Therapie sollte daher in enger Abstimmung zwischen der Patientin und ihrem medizinischen Team getroffen werden. Es ist auch wichtig, dass Frauen mit einem erhöhten Risiko für Eierstockkrebs regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen durchführen, um die Krankheit frühzeitig zu erkennen.

Schon gewusst?

Erblicher Brust- und Eierstockkrebs: Sind in Familien nur vereinzelt Frauen von Eierstockkrebs betroffen, spricht man von sporadischem Eierstockkrebs. In manchen Familien häufen sich jedoch Eierstockkrebserkrankungen auch in Kombination mit Brustkrebs und in jüngerem Alter. Kann in diesen Familien mit einem Gentest nachgewiesen werden, dass die Veranlagung zur Erkrankung vererbt wird, wird von genetischem oder erblichem Brust- und Eierstockkrebs gesprochen.
Meist handelt es sich um die krankheitsauslösenden Gene BRCA1 oder BRCA2, die für das gehäufte Auftreten von Eierstock- oder Brustkrebserkrankungen verantwortlich sind. In Familien mit einer vererbten Veranlagung können übrigens auch Männer von Brustkrebs betroffen sein.

Sind die Merkmale für ein genetisch bedingtes Risiko an Eierstock- oder Brustkrebs in Ihrer Familie vorhanden, sollten Sie eine genetische Beratung in einem spezialisierten Zentrum in Anspruch nehmen. Wenn Sie sich der erhöhten Gefahr bewusst sind, können Sie gezielt engmaschige Früherkennungsmaßnahmen einleiten und so möglichen Erkrankungen vorbeugen.

Was noch wichtig ist:

Oft treten gerade bei jungen Frauen Zysten in den Eierstöcken auf. Das sind Hohlräume im Gewebe, die von einer Zellschicht umgeben und mit Flüssigkeit gefüllt sind. Sie können sehr groß werden und sind in der Regel gutartig. Aber auch bösartige Tumorabsiedlungen (Metastasen) anderer Krebsarten können sich in den Eierstöcken ansiedeln. Gutartige Eierstocktumoren und Eierstock-Metastasen sind kein Eierstockkrebs – beide werden anders behandelt.

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